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Veröffentlicht am: 26.09.2022

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Das Duisburger Technikum

Im Duisburger Technikum von Kubota Brabender Technologie lässt sich fast alles dosieren: vier modulare Dosierstationen und die Möglichkeit, unterschiedlichste Dosieranwendungen darzustellen. An erster Stelle steht dabei immer die Prozesssicherheit der Anwendungen beim Kunden.

Für Jochen Keesen vergeht im Duisburger Technikum kein Tag wie der andere. Die Aufgaben des Technikumsleiters sind so vielfältig wie die Kundenanfragen, die das Technikum erreichen. Häufig sind veränderte Prozesse oder neue Materialien der Grund dafür. Keesen erklärt: „Bei veränderten Prozessen, beispielsweise neuen Produktionslinien, geht es in der Regel darum, dass wir für unsere Kunden die Dosiergeräte im Technikum so auslegen, dass die entsprechende Dosiergenauigkeit gewährleistet ist. Aber nicht nur bei Neuanlagen, sondern auch bei bestehenden Linien kann das durch Produktumstellungen notwendig werden. Diese neuen Produkte überprüfen wir zunächst im Technikum und passen die Dosiergeräte gegebenenfalls an.“

Mehr Raum für Prozesssicherheit

Seit Herbst 2017 gibt es das neue Technikum, das Herzstück der neuen Firmenzentrale in Duisburg, wo auch Fertigung und Verwaltung von Kubota Brabender Technologie untergebracht sind. Aus den Besprechungsräumen neben dem Technikum kann man sogar direkt auf die Versuchsaufbauten blicken. Das gesamte Portfolio von Dosiergeräten über Nachfüllstationen abzubilden – das ist in dem modernen, geräumigen Technikum jetzt kein Problem mehr. Jochen Keesen erinnert sich: „Früher war das so nicht möglich. Wir mussten Versuche in verschiedenen Räumen durchführen und Geräte häufig verschieben oder umräumen. Jetzt haben wir fünfmal so viel Platz – und mehr Raum für Prozesssicherheit.“

Modernste Ausstattung für den ganzen Dosierprozess

„Unseren Kundinnen und Kunden geben die Versuche in erster Linie Sicherheit für ihre individuellen Dosieraufgaben“, erzählt er weiter. „Es besteht die Möglichkeit, verfahrenstechnische Risiken zu minimieren, da wir den Dosierprozess sowie die Nachfüllung abbilden können.“

  • Insgesamt gibt es vier Dosierstationen, an denen gleichzeitig Versuche von der Nachfüllung bis zur Messung der Dosiergenauigkeit stattfinden können.
  • Das Technikum ist außerdem mit einem Zwei-Tonnen-Kran ausgestattet. Mit seiner Hilfe lassen sich auf der Befüllebene alle üblichen Gebinde wie BigBags, Silos, Fässer und Säcke leicht zuführen.
  • Zusätzlich gibt es zwei separate Versuchsräume für Labor- sowie Food- und Pharma-Anwendungen.

Reale Bedingungen für alle Anwendungen

Die Augen des erfahrenen Diplom-Ingenieurs leuchten: „Uns eröffnet sich dadurch eine Fülle an neuen Möglichkeiten. Es ist jetzt viel einfacher, den Versuch möglichst nah am Prozessablauf des Kunden abzubilden. Das heißt, auch für anspruchsvolles Schüttgut können wir die geeigneten Dosierprozesse unter realen Bedingungen testen. Im Versuchsaufbau steht das an erster Stelle.“ Für die produzierende Industrie mit ihren hohen Qualitätsanforderungen und Dosiervorgaben ist das wichtig.

„Unsere Kunden kommen aus allen möglichen Branchen. Ein großer Teil ist im Kunststoff-Compounding zu Hause, zum Beispiel für die Automobilindustrie. Aber wir haben auch Kunden aus der Lebensmittelindustrie. Dort müssen die richtigen Dosiergeräte für empfindliche Cerealien, wie etwa Rosinen für Müsli-Mischungen, gefunden werden“, berichtet Jochen Keesen. „Im Prinzip fahren wir Versuche für fast alle Anwendungen.“

Versuche – flexibel und modular

Als wir unten in der Halle das Technikum betreten, wird schnell klar: An den einzelnen Dosierstationen können Versuche flexibel mit ganz unterschiedlichen Geräten, Behältergrößen und Komponenten modular aufgebaut werden – eben je nachdem, was der Prozess des Kunden benötigt. „Für hohe Dosierleistungen im Größenbereich mehrerer Tonnen führen wir ein Scale-up durch. Das sind Maßstabsvergrößerungen, bei denen aus einem kleineren Versuchsaufbau hochgerechnet wird“, erläutert Fachmann Keesen. „Wir sind außerdem in der Lage, kontinuierliche Prozesse im Langzeiteinsatz zu simulieren.“

Versuche für Konti und Batch

Kontinuierliche Prozesse stehen bei den Kunden im Technikum Duisburg hoch im Kurs, denn sie sind besonders für hochgenaue Anwendungen interessant. Ebenfalls werden auch Batch-Applikationen in kleinem und großem Umfang vom Kunden angefragt. Im Schnitt kann das Team im Technikum, das neben Jochen Keesen aus zwei weiteren Mitarbeitern besteht, pro Woche zwei Tests durchführen. Von der Anfrage, die über den Vertriebsmitarbeitenden koordiniert wird, bis zum Beginn des Versuchs vergehen in der Regel rund vier Wochen. Ein akutes Problem kann – je nach Umfang und aktueller Auslastung – schon mal dazwischengeschoben werden.

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Vorgehensweise für den Dosierversuch im Technikum

  1. Abfrage bestimmter Material-Parameter
  2. Einsendung einer Materialprobe
  3. Feststoffanalyse (Materialanalyse) auf Korngröße, Fließeigenschaften, Schüttdichte und Schüttwinkel
  4. Daten aus der Feststoffanalyse und die geforderte Dosierleistung:
    - Entscheidung über Notwendigkeit eines Dosierversuchs im Technikum
    - Grundlage für die Vorauswahl der Dosiergeräte
  5. Vorversuche: Bestimmung passender Parametereinstellungen, z. B. Nachfüllgrenzen und Behältergeometrie
  6. Erfassung von Dosiergenauigkeit und Dosierkonstanz in Messreihen erfasst
    (bei Bedarf: Optimierung durch Änderungen an den Parametern)
  7. Prüfen der unterschiedlichen Entlüftungssysteme
  8. Vergleich von Anordnungen und Komponenten
Alle Versuche, die wir im Technikum fahren, sind erst einmal ergebnisoffen. Es geht darum, das richtige Dosiergerät, bezogen auf die Fließeigenschaften des Produkts, in Abhängigkeit von der gewünschten Dosierleistung zu finden.
Jochen Keesen, Leiter Technikum Duisburg, Kubota Brabender Technologie
Foto: Die hauseigene Software Feeder Control zeigt Veränderungen bei der Drehzahl und im Produktfluss an.

Die hauseigene Software Feeder Control zeigt Veränderungen bei der Drehzahl und im Produktfluss an.

Standortübergreifende Datenbank

Mit der speziellen Software ‚Feeder Control‘ werden Messreihen und somit die Genauigkeit der Dosiergeräte aufgezeichnet. So lässt sich jederzeit nachvollziehen, wie gut diese den Vorgaben entsprechen. In einer standortübergreifenden Datenbank werden sämtliche Tests gespeichert – auch die der beiden anderen Technika in Kanada und China. So profitieren Mitarbeiter und Kunden weltweit von einer breiten Datenbasis.

Normgerechte Standards

Bei der Dosiergenauigkeit hält sich Kubota Brabender Technologie an das Arbeitsblatt NA 40 „Dosiergenauigkeit von kontinuierlichen Waagen“ der Namur, einer Interessengemeinschaft für Automatisierungstechnik von Unternehmen der Prozessindustrie. Die einer DIN-Vorschrift ähnliche Anweisung definiert Begriffe, schreibt Messbedingungen vor, definiert zulässige Messfehler und schafft so eine vergleichbare Grundlage für die unterschiedlichen Anbieter von Dosiergeräten.

Werksabnahme (FAT): nahezu hundertprozentige Sicherheit

Vor der Auslieferung und Installation kann auf Kundenwunsch auch eine Werksabnahme im Technikum erfolgen. Mit diesem sogenannten Factory Acceptance Test (FAT) wird neben einem Funktionstest auch eine Vollständigkeitsprüfung durchgeführt – und es wird sichergestellt, dass die festgelegten Dosiergenauigkeiten eingehalten werden. „Dem Betreiber der Produktionsanlage gibt diese Vorgehensweise eine nahezu hundertprozentige Sicherheit“, erklärt Jochen Keesen.

An vier modularen Dosierlinien können realitätsnahe Tests mit Dosierleistungen von Kleinstmengen bis zum BigBag durchgeführt werden.

Neuerungen und Weiterentwicklungen: Potenzial für Innovationen

Manchmal wird das Team vor knifflige Herausforderungen gestellt. In enger Abstimmung mit der Konstruktionsabteilung lässt sich jedoch immer ein Lösungsweg finden, zum Beispiel durch An- und Umbauten am Grundgerät. Aber auch Neuerungen und Weiterentwicklungen der Dosiergeräte testen Jochen Keesen und seine Mitarbeiter fortlaufend. Ihre Erfahrungen besprechen sie dann regelmäßig mit der Konstruktionsabteilung und den Servicetechnikern, die diese wiederum mit den Kunden vor Ort teilen.

Neuentwicklung aus dem Technikum: der Faserdosierer FiberXpert

Aufgrund des Anstiegs von Versuchsanfragen für die Dosierung von Karbonfasern entstand so im Jahr 2017 der FiberXpert. Die Dosierung langer und unregelmäßiger Fasern wie Karbon- oder Naturfasern schien zunächst unlösbar. Dann wurde der Faserdosierer nach vielen Tests und Versuchen speziell für Recycling-Anwendungen entwickelt. Der FiberXpert ist inzwischen erfolgreich in den Markt eingeführt und in verschiedenen Größen erhältlich. Am Ende verrät Jochen Keesen noch: „Künftig wollen wir die Vorauswahl der Geräte noch präziser vornehmen und erarbeiten dazu gerade ein entsprechendes Projekt, in dem beispielsweise Pulvereigenschaften besser charakterisiert werden können.“ Es bleibt also abwechslungsreich – und innovativ – im Technikum Duisburg.

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